Tradition 25 Jahre Renault Mégane

2021.01.12 - Wolfram Nickel/SP-X

Er ist weit mehr als nur ein weiterer gallischer Golf-Gegner. Mit dem kompakten Mégane schärfte Renault sein Markenimage weg vom profanen Massenproduzenten hin zum Hersteller von Modellen mit kreativen Karosseriekonzepten, Motorsportgenen und einem Sicherheitsanspruch, der sich mit Volvo messen sollte.

SP-X/Köln. Wie feiert man den 25. Jahrestag eines kompakten Massenmodells, das seinen Hersteller auf einen anhaltenden Höhenflug schickte? Mit der Präsentation der Studie Mégane Evison, sagt sich Renault. Denn dieser vollelektrische Mégane gibt nicht nur einen Ausblick auf die fünfte Generation des in bisher sieben Millionen Einheiten gebauten gallischen Golf-Gegners. Das seriennahe Concept betont auch, dass die Franzosen weiterhin eine Vorreiterrolle anstreben, was kreative Karosseriekonzepte betrifft. Tatsächlich überraschte der erste Mégane im Jahr 1996 genau damit die deutschen Renault-Kunden, die sich seit den 1980ern an brave Fastbacks und biedere Stufenhecks mit den Zahlencodes Renault 9, 11 und 19 gewöhnt hatten. Zwar bescherte der Mégane-Vorgänger Renault 19 den Franzosen im gerade wiedervereinigten Deutschland Rekordverkaufszahlen, aber es fehlte ihm an der Faszination der Avantgarde, wie sie etwa einst der legendäre Renault 16 verkörpert hatte. An diesen Visionär erinnerte der unter Patrick Le Quément gezeichnete Mégane im Frontdesign durch ein zentrales Stilelement, „Bird Beak“ (Vogelschnabel) genannt. Vor allem aber beeindruckte der Mégane durch eine damals beispiellose Modellvielfalt, denn es gab ihn als fünftüriges Schrägheck, als dreitüriges Coupé „Coach“, als Limousine „Classic“, als Cabriolet, als Kombi „Grandtour“ und als revolutionären ersten Kompaktvan Scénic. Damit nicht genug: Der Scénic verblüffte sogar mit SUV-Talenten, denn als RX4 verfügte das Crossover-Modell über Allradantrieb und Offroadanbauteile.

Raus aus den für Renault wirtschaftlich tränenreichen 1980ern, hin zur Freude an neuartiger Formgebung, frischen Qualitätsansprüchen und französischen Meilensteinen innovativer Sicherheitstechnik, das versprachen die 1988 und 1991 vorgestellten, spektakulären Concept Cars Mégane und Scenic. Die große fünftürige Studie Mégane überraschte durch ein kühnes Exterieurdesign mit präzisen Spaltmaßen nach Wolfsburger Vorbild und einem hochwertigen Interieur ohne französisches „Laissez-faire“, das sich auch im allerdings wesentlich kompakteren Serien-Mégane finden sollte. Dagegen entdeckte die Studie Scenic eine komplett neue Fahrzeugklasse: Als erste kompakte Großraumlimousine mit einer Variabilität, wie sie zuvor der Renault Espace als Maxi-Van eingeführt hatte und wie sie der Twingo 1992 für den Kleinwagen entdeckte. Wirkte der Scenic 1991 noch wie Science-Fiction, ging er fünf Jahre später in Serie. Renault präsentierte nun das sogenannte X64-Programm, die Mégane-Familie, mit einem in der Kompaktklasse konkurrenzlos vielfältigen Karosserieportfolio. Diese Kreativität katapultierte den Mégane vor Peugeot 306 und Citroen ZX und kurzzeitig auch vor Ford Escort und VW Golf.

Mit Lancierung des Mégane Scénic verfügte Renault als erster Hersteller über ein komplettes Raumfahrzeug-Programm, eine Pionierleistung, die das Publikum honorierte. Schöner Wohnen in den schwungvollen Designlinien des Mégane, dazu die fahrdynamischen Qualitäten eines Kompakten, plus das Kofferraumvolumen eines Kastenwagens (gut 1.800 Liter) und dank zwei (optionalen) Sonnendächern das Raumgefühl eines Panoramabus: Die Scénic-Entwickler wussten, wie sie Familien und die Freizeitgesellschaft begeistern. Eine Aufgabe, die heute SUV übernehmen, aber auch diese Fahrzeuggattung antizipierten die Franzosen mit dem Scénic RX4 kurz vor der Jahrtausendwende. Da machte der Scénic auf wichtigen Märkten wie Deutschland bereits 50 Prozent aller Verkäufe im Mégane-Portfolio aus und Renault entschied sich, den Scénic künftig ohne Namenszusatz Mégane zu vertreiben.

Während in Frankreich traditionell Kleinwagen wie der Clio die Pole Position in den Verkaufscharts besetzen, gelang es dem kompakten Mégane in Deutschland auf Anhieb, als meistverkauftes Importauto zu überzeugen. Dabei schadeten dem Image des Mégane nicht einmal Qualitätsprobleme in der Anlaufphase, denn obwohl nach Maßstäben „Totaler Qualität“ entwickelt, erntete der neue Renault anfangs in Fachmedien Kritik bezüglich Langzeitqualität und Feintuning. Bei 140.000 Mégane wurde im Rahmen einer Rückrufaktion sogar das Fahrwerk modifiziert. Die Kunden liebten den Mégane dennoch, wie sich Anfang 1998 besonders deutlich zeigte, als der kompakte Gallier zum meistverkauften europäischen Automobil avancierte. Dazu trug auch eine französische Sicherheitsinitiative bei, wie sie sonst eher von Volvo kam.

Tatsächlich hatte Renault 1993 eine Fusion mit Volvo in die Wege geleitet, die erst im letzten Moment am Veto schwedischer Aktionäre scheiterte. Nun präsentierte Renault mehr denn je eigene Sicherheitsinnovationen, die das Markenimage stärken sollten und den Mégane schließlich zum „sichersten Auto der Kompaktklasse“ machten, wie der Hersteller 1999 stolz mitteilte. Damals erzielte das fünftürige Fastback das beste Ergebnis im Euro NCAP Crashtest, ein Resultat, das die 2002 eingeführte zweite Mégane-Generation übertraf, erhielt sie doch als erstes Fahrzeug ihres Segments die Fünf-Sterne-Prämierung. Obwohl der unkonventionelle Renault nicht das klassische Weltauto verkörperte, wurden für den Mégane auf drei Kontinenten Produktionsanlagen eingerichtet. Besonders in Südamerika schrieb der Renault eine dauerhafte Erfolgsgeschichte als extravagante Alternative zu Ford und Volkswagen.

Richtig begehrenswert sind kleine Volkshelden erst, wenn sie auch als Vollblüter reüssieren. Der Mégane macht da keine Ausnahme. So setzte sich zuerst der brachiale Mégane Maxi erfolgreich im Rallyesport in Szene, während der Mégane II (2002-2008), die Basis bot für den 2004 vorgestellten Mégane Renault Sport (R.S.). Mit 165 kW/224 PS war der kompakte Heißsporn 236 km/h schnell, und er düpierte souverän Golf-GTI- oder BMW-1er-Piloten. Sogar auf begehrte Speed-Insignien wie den Nürburgring-Rundenrekord für serienmäßige Fronttriebler ist der Mégane R.S. bis heute abonniert. Zur von Renault verfolgten Vielfalt im Modellprogramm zählte zudem seit 1997 auch ein Cabriolet. Der Viersitzer verzichtete auf die in der Kompaktklasse lange verbreiteten feststehenden Überrollbügel und wurde vom deutschen Karosseriespezialisten Karmann finalisiert; in zweiter und dritter Generation (ab 2003 bzw. 2010) als Coupé-Cabrio-Version Mégane CC.

Während der fünftürige Mégane II mit einem originellen, aber kontrovers diskutierten Heckdesign im Stil des Oberklassetyps Vel Satis vorfuhr, gab sich der Mégane III (2008-2016) konventionell. Auf die Stufenheck-Limousine verzichtete Renault nun, stattdessen gab es den Fluence, der aber nur als vollelektrischer Fluence Z.E. für Aufsehen sorgte. Im Jahr 2015 feierte der vierte Mégane sein Debüt, seit 2020 ist er als erster kompakter Renault Kombi mit Plug-in-Technik im Angebot. Coupé, Cabrio und Limousine sind hierzulande aus dem Mégane-Programm verschwunden, stattdessen ist es heute die Antriebstechnik, die den kleinen Gallier ganz nach vorn treiben soll. Ob er als batterieelektrischer fünfter Mégane diesen Wunsch wahr werden lässt, wird das Jubiläumsjahr 2021 zeigen.

Wolfram Nickel/SP-X

Technische Daten

Chronik:

1988: Mit dem Concept Car Mégane zeigt Renault die Vision einer variablen Limousine mit hohen Qualitätsmaßstäben (symbolisiert durch minimale Karosseriespaltmaße)
1989: Im Januar Markteinführung des Renault 19 in Deutschland
1990: Das Programm X64 (Mégane) nimmt Fahrt auf mit Designentwürfen für verschiedene Karosserievarianten. Über einen Zeitraum von vier Jahren bis 1994 ist der Renault 19 das meistverkaufte Importauto in Deutschland. Insgesamt erzielt der Renault 19 hierzulande über 460.000 Zulassungen. Am 4. Juli wird der Staatskonzern Renault Aktiengesellschaft und der Renault 19 hat dazu beigetragen, die staatliche Regie Renault zurück Richtung schwarze Zahlen zu bringen
1991: Das Concept Car Renault Scenic übertragt das vom Renault Espace erstmals eingeführte Monospace-Konzept auf ein kleineres Vansegment und demonstriert zugleich neue Sicherheitstechniken. Im März wird der X64-Designvorschlag des Designers Michel Jardin (ellipsenförmiger Fünftürer) von Patrick Le Quément für den Serien-Mégane ausgewählt. Erstmals seit 1979 erreicht Renault in Deutschland wieder einen Marktanteil von mehr als fünf Prozent und wird erneut größter Importeur mit über 200.000 verkauften Fahrzeugen. Dies vor allem dank des Erfolgs der Modellreihe Renault 19 und des Schnellstarts in den neuen Bundesländern
1993: Im September regelt Renault einen vertraglichen Zusammenschluss mit Volvo, der später in letzter Minute am Veto der schwedischen Aktionäre scheitert. Renault strebt eine Führungsrolle in der Sicherheitstechnik an, die sich auch in der umfassenden sicherheitstechnischen Ausstattung des Mégane reflektiert. Beschaffung der Produktionswerkzeuge für den Mégane
1995: Im Herbst feiert der Mégane in Frankreich seine Premiere als fünftüriges Schrägheckmodell und Coupé Coach. Der Mégane verzichtet als erster Renault der Kompaktklasse auf einen Zahlencode. Vorserienproduktion im Werk Douai
1996: Im Januar wird der Renault Mégane auf dem deutschen Markt eingeführt, neu sind außerdem das Stufenheckmodell Classic und der Kompaktvan Mégane Scénic. Der Renault Mégane ersetzt den Renault 19, von dem bis dahin über 3,2 Millionen Einheiten gebaut wurden. In Deutschland wurden über 460.000 Einheiten des Renault 19 abgesetzt. Vier Mal war der Renault 19 meistverkauftes Importauto in Deutschland, im Jahr 1996 wird der Nachfolger Mégane das Importfahrzeug Nummer eins in Deutschland vor dem Twingo, der sich den zweiten Platz sichert. Renault kommuniziert den Rückruf von 140.000 Mégane zur Optimierung des Fahrwerks nach kritischen Bewertungen in der deutschen Presse. In Argentinien beginnt die Fertigung des Mégane, später folgen Spanien (Palencia), Belgien (Haren-Vilvoorde), Indonesien (Djakarta), Kolumbien (Envigado) und die Türkei (Bursa)
1997: Das bei Karmann finalisierte (komplette Rohkarosserie und Verdeck) Mégane Cabriolet ersetzt das Renault 19 Cabriolet. In Deutschland erzielt der Mégane 80.943 Zulassungen und bleibt das meistverkaufte Importauto
1998: Seitenairbags zählen zur Serienausstattung. Der Mégane baut seine Führungsrolle im Importsegment mit 88.585 deutschen Neuzulassungen aus. Die Deutsche Renault AG erreicht mit 224.000 Neuzulassungen das bisher beste Jahr ihrer Unternehmensgeschichte und ist nicht nur größter Importeur, sondern platziert sich im Markenranking auf Platz sechs noch vor BMW und direkt hinter Audi. In Frankreich ist der Mégane nach dem Clio das meistverkaufte Auto und in Europa avanciert er im Frühjahr 1998 auf Platz eins der Zulassungsstatistik. Der Mégane Maxi erringt den Titel in verschiedenen nationalen Championaten   
1999: Markteinführung des Kombis Mégane Grandtour. Der Mégane besteht mir vier von vier Sternen sowie der höchsten Punktzahl seiner Klasse den Euro NCAP Crashtest als sicherstes Auto seiner Klasse. Produktionsanlauf in Kolumbien  
2002: Vorstellung des Mégane II, der als erstes Kompaktklassemodell im Euro NCAP Crashtest fünf Sterne erhält
2004: Der Kompaktsportler Mégane R.S. kommt in den Handel, anfangs mit 165 kW/224 PS. Jede Modellgeneration des bis heute angeboten Mégane R.S. stellt einen Rundenrekord für frontgetriebene Serienfahrzeuge auf der Nürburgring-Nordschleife auf
2008: Der Mégane III wird auf dem Pariser Automobilsalon präsentiert
2009: In Argentinien und Kolumbien endet erst in diesem Jahr die Fertigung des Mégane I. Neu sind Coupé und Kombi Grandtour auf Basis des Mégane III. Auf der IAA Frankfurt debütiert der in der Türkei gebaute Renault Fluence mit Technik des Mégane, dieses Modell ersetzt die bisherige Mégane-Limousine.
2010: Ein Coupé-Cabriolet rundet das Programm des Mégane III ab. Marktstart für den Renault Fluence
2015: Der Renault Mégane IV feiert auf der IAA Frankfurt Weltpremiere
2016: In Deutschland ist der vierte Mégane als fünftüriges Schrägheckmodell und als Kombi Grandtour lieferbar. Für andere Märkte gibt es ab Juli eine Limousine
2017: Neue sportliche Speerspitze ist der Mégane R.S. mit vorläufig 206 kW/280 PS Leistung, später 221 kW/300 PS
2020: Als erster Plug-in-Hybrid der Baureihe wird der Mégane Grandtour E-Tech Plug-in 160 eingeführt. Das Concept Car Mégane Evision gibt einen Ausblick auf die kommende Generation des Mégane
2021: Der Mégane wird ein Vierteljahrhundert alt und Renault und die Fanszene feiern dieses Jubiläum mit verschiedenen Aktionen

Kurzcharakteristik

Motorisierungen:

Renault Mégane Generation I (ab 1995 bzw. ab 1996 in Deutschland) mit 1,4-Liter-Vierzylinder-Benziner (51 kW/70 PS bis 73 kW/98 PS) bzw. mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner (55 kW/75 PS bis 81 kW/110 PS) bzw. mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner (80 kW/109 PS bis 108 kW/147 PS) bzw. mit 1,9-Liter-Vierzylinder-Diesel (47 kW/64 PS bis 75 kW/102 PS);
Renault Mégane Generation II (ab 2002) mit 1,4-Liter-Vierzylinder-Benziner (60 kW/82 PS bis 72 kW/98 PS) bzw. mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner (77 kW/105 PS bis 83 kW/113 PS) bzw. mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner (99 kW/135 PS bis 169 kW/230 PS) bzw. mit 1,5-Liter-Vierzylinder-Diesel (60 kW/82 PS bis 78 kW/106 PS) bzw. mit 1,9-Liter-Vierzylinder-Diesel (66 kW/90 PS bis 96 kW/130 PS) bzw. mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel (110 kW/150 PS bis 127 kW/173 PS);
Renault Mégane Generation III (ab 2008) mit 1,2-Liter-Vierzylinder-Benziner (85 kW/115 PS bis 97 kW/132 PS) bzw. mit 1,4-Liter-Vierzylinder-Benziner (96 kW/130 PS) bzw. mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner (74 kW/101 PS bis 81 kW/110 PS) bzw. mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Benziner (103 kW/140 PS bis 201 kW/273 PS) bzw. mit 1,5-Liter-Vierzylinder-Diesel (66 kW/90 PS bis 81 kW/110 PS) bzw. mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Diesel (96 kW/130 PS) bzw. mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Diesel (110 kW/150 PS bis 120 kW/163 PS);
Renault Mégane Generation IV (ab 2015) mit 1,2-Liter-Vierzylinder-Benziner (74 kW/100 PS bis 97 kW/132 PS) bzw. mit 1,3-Liter-Vierzylinder-Benziner (84 kW/114 PS bis 118 kW/160 PS) bzw. mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Benziner (121 kW/165 PS bis 151 kW/205 PS) bzw. mit 1,8-Liter-Vierzylinder-Benziner (206 kW/280 PS bis 221 kW/300 PS) bzw. mit 1,5-Liter-Vierzylinder-Diesel (66 kW/90 PS bis 85 kW/115 PS) bzw. mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Diesel (96 kW/130 PS bis 102 kW/163 PS) bzw. mit 1,75-Liter-Vierzylinder-Diesel (110 kW/150 PS) bzw. als Plug-in-Hybrid mit 1,6-Liter-Vierzylinder-Diesel und Elektromotor  (Systemleistung 118 kW/160 PS).

Alfa Romeo war in den 70ern auf dem Gipfel seines Erfolges und Stardesigner Giugiaro brachte dazu den Gran Turismo Alfetta GT in dramatische Keilform. Aber da ging noch mehr, wie der Sportler 1980 in der Spitzenversion GTV 6 demonstrierte. Mit furiosem V6 reüssierte dieser Alfa auch bei Rennen gegen hochkarätige Rivalen.

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